Traditionskegelclub von 1992

LTU 2016
30. September - 2. Oktober 2016 nach Köln und Bad Cannstatt

Tourbericht

Drie betalen - Twee halen
Drie halen, twee betalen. Das ist das letzte Aufgebot der käsigen Kaufleute aus dem benachbarten Land der Klompenträger und Tulpenpflücker, um ihre versifften Läger zu räumen. Drie betalen, twee halen war dann eher das Motto unserer Tour. Denn einer der drei Tour-Tage blieb irgendwie auf der Strecke. Und das wortwörtlich.

Dabei hatte Linda, keine Frau für eine Nacht, wenn auch mehre Nächte möglich sind, doch an alles gedacht. Bier, Fleisch, Musik, Sky-Fußball-Bundesliga, Kegelbahn, ein Separee für die JHV und ausreichend Finten und Nebelbomben, um das Tourziel zu verschleiern. Ja sogar ein Kutscher mit vollgeplönschtem Tank für die Non-Stop-Heimfahrt wurde gefunden. Linda ist halt ein wahrer Profi unter den Tourplanern. Doch selbst ihm gelingt nicht immer alles. Vermutlich in Anbetracht der prallen Auslagen im Buchungskatalog ist er wohl einem namhaften organisierten Beischlafgehilfen aufgesessen. Ja genau, Müller, der mit den angeblich tollen Touren. Es ist natürlich eine freie Entscheidung eine Tagestour zu buchen und es ist jedermanns (oder -fraus) gutes Recht dies bei Müller zu tun, auch wenn man - wie in unserem Fall - noch ein gutes Jahr zuvor dem rollenden Zinksarg bei der Vorbeifahrt im Dortmunder Hauptbahnhof bereits recht angewidert abgeschworen hatte. Na egal. Billig sollte es sein. Es war sogar noch billiger. Und das kam so ...

Freitags morgens ging es zunächst mit dem Zug ab Erkelenz in Richtung Köln. So wurde es von den ahnungslosen Kameraden auch erwartet, denn wir mussten unseren Präsidenten unterwegs noch auflesen.
So wunderte sich auch niemand, dass das in Köln passierte. Der alte Fötchesföhler hatte sich zum Begrüßungsgefummel in neuer Tradition dazu den Bahnhofsvorplatz ausgesucht. Auf ein Feuerwerk wurde aber heute verzichtet.

Selbst diese Anreise, und damit auch die kürzeste Bahnfahrt dieses Wochenendes, machte durstig. Das Gaffel am Dom, auch von uns wegen seiner verkehrsgünstigen Lage geschätzt, wurde angesteuert. Das ersehnte Flüssigfrühstück wurde uns aber plump verweigert. Man ließ uns einfach vor verschlossenen Türen stehen und das schon um 09:45 Uhr! Unglaublich! Zu diesem Zeitpunkt noch ahnungslos, war unsere Kölsch-Brauhaus/Kneipen-Wanderung bereits unbemerkt im Gange. Über die Domplatte ging es - angesichts der Uhrzeit folgerichtig - sicherheitshalber zum Früh. Dort hatte man sehr viel Verständnis für uns und noch mehr Kölsch. Wie schön, dass die Auswahl in Köln so reichhaltig ist.

Bei einem 1a-Kegler-Frühstück mit Metthappen und Kölsch wurden wir dort von den Tourplanern Linda und Öshi in das diesjährige Tourprogramm eingeweiht. Zu unserer Überraschung waren Köln und Müller-Touren enthalten, wo doch das Vorkaufsrecht für diese Ein-Klick-Touren im näheren Wohnumfeld eigentlich bei Pläät und Arnold liegt. Das war den beiden Planer wohl auch aufgefallen und somit wurde flugs ein neues Sandwich-Tour-Konzept entwickelt. Köln - Bad Cannstatt (Wasen) - Köln. Damit wurde auch den Kritikern der letztjährigen Tour nach Bremen der Nordseewind aus den Segeln genommen, dass die Fahrt zwischen Partyzentrum und Hotel zu lange gedauert hätte. Immerhin lagen im Vorjahr beide Destinationen noch in einem Bundesland! Auch hier wurde also Neuland betreten. Mit jeweils über 4 Stunden Fahrt durch 4 Bundesländern sollte ein neuer Rekord aufgestellt werden. Kann man hier eigentlich schon von Tournee sprechen? Es versteht sich von selbst, dass die letztjährigen Planer insoweit nachträglich rehabilitiert sind. Nach ein paar Wortwechseln und ein paar weiteren Kölsch steuerten wir unser Hotel an, um schnell unser Gepäck abzuwerfen und die nun offengelegte Kölsch-Brauhaus/Kneipen-Tour unbeirrt fortzusetzen. Über den Reissdorf-Biergarten am Hotel Mondial ging es zum Sion, Peters und dann zum Lommi. Der hatte aber leider noch geschlossen, vermutlich um sich das abgewetzte Interieur für lekketäsch noch ein wenig herauszuputzen. Nach einem obergärigen Intermezzo im Deutzer Brauhaus ging es, hartnäckig, wie wir sind, wieder zurück zum Lommi. Ein Nachmittag und Abend der zu den Besten unserer Tourgeschichte zählen dürfte. Bei herbstlichem Sonnenschein ergatterten wir den letzten freien Tisch im Biergarten. Strategisch gut gelegen, direkt beim Köbes. Der war erfreulicherweise nicht nur nicht mundfaul. Die Sache lief. Ein Gläschen folgte dem Nächsten. Wie zuvor auch im Deutzer Brauhaus luden wir den bereits am Tisch sitzenden Gast namens Marco zwecks Asylgewährung auf ein Kölsch ein und kamen ins Gespräch. Linda und Wixxää hatten sich fast unbemerkt, vermutlich aus optischen Gründen, in den historisch patinierten Gastraum gesetzt und ihren Schweif blicken bzw. den virtuellen Schnäuzer scannen zu lassen. Wir zweifelten, sollten aber Lügen gestraft werden. Einem Lokalmusiker hatten sie aus seinem Groupieüberangebot zwei Damen abspenstig gemacht. Ein Glücksgriff wie sich zeigte, denn Petra und Claudia hatten einen nennenswerteren Anteil am Gelingen unseres Tourauftaktes. Von ihnen stammte auch der Tipp das Gaffel am Dom am Abend aufzusuchen, in dem Björn Heuser aufträte. Event und Künstler waren uns nicht bekannt, Gaffel hatten wir hingegen schon mal flüchtig gehört. Also nichts wie hin. Per Pedes ging es vom Lommi über die Deutzer Brücke in die Altstadt und schnurstraks zum Gaffel. Durst ist ja nicht auszuhalten. Wir schoben uns durch eine bereits schön ausgelassene Meute ein wenig mehr in die Mitte des Lokals, natürlich in die Nähe der Theke. Gute Stimmung, mitreißende Musik und frisches Kölsch rundeten den tollen Abend ab.

Im Verlauf der Nacht erodierte "La Mannschaft" sukzessiv vor sich hin, bis schließlich Linda, Pläät und Chicken mit einem Kölsch im Kölner Treff neben dem Hotel den ersten und genialsten Tourtag offiziell beschlossen.
Dies war zwar vergleichsweise früh, aber nicht unvernünftig, da ja am Folgetag noch der Interrail-Tag anstand.


Samstag gegen 9:30 Uhr trudelten alle abtenteuerlustig zum gemeinsamen Frühstück ein.

Eine Feststoff-Stärkung war dringend empfohlen, da ja neben dem Interrail-Tag noch ein Festzeltbesuch mit überwiegender Flüssigernährung auf dem Programm stand.

Um 12:00 Uhr startete der ausspritzbare Anbahnungszug für eine Nacht von Köln in Richtung Bad Cannstatt. Die Exklusivität des Transportmittels wurde jedoch teuer gegen unterprivilegierte Gleisberechtigungen eingetauscht, so dass die Fahrt eher mühselig und mit gefühlten 100 Stopps von statten ging. Auch die ständigen Durchsagen Marke Amateur-Radiowerkstatt, die offenbar weder von der Bahn, noch von Lurch-Peter Hansen vorgetragen wurden, hatten unfreiwilligen Comedy-Charakter.

Die Zeit verging nun eben nicht im Fluge und dennoch erreichten wir gegen 16:45 recht unentspannt Bad Cannstatt. Egal! Die Party sollte ja noch folgen.
Das Wasen-Areal wurde oberflächlich erkundet und die Dinkelacker-Grundlage mittels Pizza aufgefrischt.
Unser Zelt hatten wir schnell gefunden und uns dann brav in die lange und 25m breite Schlange am Einlass eingereiht. Ein erstes ungutes Gefühl hinsichtlich der Organisation beschlich uns. Völlig zurecht, wie sich im Folgenden herausstellte.
Um 18:30 hatten wir unsere reservierten Plätze eingenommen, in freudiger Erwartung auf ein Bier. Denkste!

Es sollte noch rund 45 Minuten dauern, ein Bier zischen zu hören. Das dürfte sogar einem Alkoholiker in einer Entzugsklinik schneller gelingen.

Da ist es schon ein besonderer Witz, wenn die Damen der mobilen Atemluftalkoholmessung um diese Zeit bereits ihren Dienst verrichteten und uns zum Pusten aufforderten. Um das Restniveau zu wahren, haben wir auf die spitzzüngige Formulierung vulgärer Gegenvorschlägen verzichtet.

Die Festzelt-Bedienungen, freundlich und durchaus fleißig, waren leider völlig überfordert und kamen durch die verstopften Gänge kaum hindurch. Ausgerechnet die unerfahrenste (1. Wasen-Engagement) und zierlichste Kellnerin war für unseren Tisch zuständig. Bereits die erste Rutsche donnerte sie vor Schwäche gegen die Tischkante und verschütte das ersehnte kühle Nass erschöpft auf Wölffs Hose. Ein Auftakt mit Maß.

Einen nicht unwesentlichen Anteil an dem Treiben hatte auch die so genannte Security. Ein paar überalkoholisierte, notorische Querulanten und Pöbler ließ man mehrfach nach freundschaftlicher Maßregelung gewähren. Offenbar rekrutierte sich das Personal aus dem Pool der Gleichstellungsbeauftragten der umliegenden Waldorfschulen. Die Folge war, dass ein Großteil der Gäste zu den nervenden Vollpfosten auf Distanz ging und stattdessen in den Gängen stehend weiterfeierte.

Das Fazit dieses Besuches fällt entsprechend aus. Wenn die Erlebnisse der Regel entsprechen, dann hält dieses Volksfest dem Vergleich mit München in kleinster Weise stand.

Wir machten das Beste daraus.

Irgendwann stand dann der Rücktransfer an. Also wieder rein in den Waggon, von dem wir glaubten, dass er seine schlechtesten Tage schon erlebt hatte. Na, da ging offenbar noch einiges, wie allein der erste Blick in das bereits künstlerisch verzierte Bord-WC erahnen ließ. Okay, Augen und Abteiltür zu und durch.

Die Fahrt zog sich erwartungsgemäß wieder wie Kaugummi.
Endlich in Köln angekommen wurden wir lautstark von einem akustisch elchähnlichen Wesen verabschiedet. Bei nicht näher zu empfehlenden Betrachtung stellte sich jedoch heraus, dass es weder ein Elch noch ein „Auf Wiedersehen“ war, dass wir da hörten. Ein junges Mädel hatte sich etwas für die Heimfahrt aufgespart und schwallartig auf den Bahnsteig abgelegt. Gerade noch rechtzeitig durch das schmale geöffnete Zugfenster. Immerhin aber mit einer unmittelbar angeschlossenen 1a-Entschuldigung für alle unfreiwilligen Zeugen, wenngleich auch nicht ganz Knigge-konform mit restvollem Mund. Ach - abwischen und weiter gehts. Für uns ins Hotel.


Mit weniger Leber- als Gesäß- und Rückenschäden vom Vortag fanden sich alle wieder zum
Sonntags-Frühstück ein. Bevor die Vorbereitungen für die JHV zur Abreise nötigten, nutzten wir in unterschiedlichen Gruppen ein kleines Zeitfenster für wichtige Erledigungen. Das "Herings" hatte zwar keinen Fisch, aber das Kölsch war dort nicht ohne.
Zum Wurzeln schlagen war aber keine Zeit. Linda und Öshi hatten eine-All-in-One-Kaschemme für Kölsch, JHV, Kegeln, Essen und Bundesliga-Gucken reserviert, die wir mit der KVB erreichten.

Nachdem das Pittermännchen im Joe Champs fachmännisch angezapft worden war, konnte die JHV beginnen. Mit der stets gleichen, praxiserprobten Tagesordnung nahm die JHV den gewohnt lakonisch bis exzessiven Verlauf, der wieder in der Auslosung der Vorstandsämter seinen Höhepunkt fand. Die Präsidentenwahl fiel auf Pläät. Damit kann man angesichts des sich reflexartig einstellenden Kopfkinos und Speichelflusses erstmal nichts falsch machen. Ich sage da nur „Antrittsrede“! Mit der sich anschließenden Auslosung seines Vorstandsgefolges waren die offiziellen Weichen für unseren Weg in Richtung silbernes Jubiläum gestellt. Genug diskutiert und gelost. Jetzt wurde gekegelt.

Es ging - spontan benamst - um den Titel „Bürgermeister von Klettenberg“, für den eigens eine Trophäe in Form eines Ordens ausgelobt wurde. Eigentlich dürfte Linda den güldenen Blechanhänger nur mitgebracht haben, um ihn selbst wieder mit nach Hause zu nehmen. Doch da hatte er die Rechnung ohne die für lekktetäsch charakteristische, teuflische Kombination aus Ehrgeiz und Missgunst gemacht. In einer vom kläglichen Favoritensterben gekennzeichneten Partie setzte sich am Ende Paula verdient durch und konnte seine Trophäensammlung und ein weiteres Stück erweitern.

Von soviel Kölsch, Gelaber und sportlicher Aktivität getrieben, meldete sich ein kleines Hüngerchen, welches Tribut forderte. Wir zogen um ins Restaurant. Um den Passanten zeigen zu können, was wir zu leisten im Stande sind, wurden wir in der Auslage platziert. Zur Freude der Borussen-Fraktion war der Tisch von mehreren Fernsehern umgegeben, so dass die anstehende Bundesligapartie gegen die Königsblauen parallel verfolgt werden konnte. Na gut. Es stellte sich heraus, dass das der beschiss.... Programmpunkt des Tages werden sollte. 04 sollte Omen und Endergebnis sein. Immerhin das Essen war 1. Liga.
Nachdem der Bundesliga-Spieltag - zumindest für den sympathischeren Teil der Mitglieder - mit einem äußerst bescheidenem Ergebnis beendet wurde, war die Luft endgültig raus.
Zum Glück war auf den Kutscher Verlass. Um 19:30 Uhr stand Droschkenunternehmer Hönninger vor der Tür. Ein letztes Mal 80 km den Hintern platt sitzen und auch die 25. Tour war Geschichte.

Wie manchmal beim Einkauf stellt sich ein vermeintliches Schnäppchen erst im Nachhinein als Fehlkauf heraus. Bad Cannstatt zählt eindeutig dazu. Die Frikandelfresser hinter der Westgrenze haben doch recht: Drie halen, twee betalen ist der wahre Deal.


(c) Chicken, Mai - August 2017

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